Mega-Trend

Mega-Trend Manifestieren

Durch Manifestieren sollen wir uns Liebe, Geld und Erfolg herbeiwünschen können, wenn wir nur fest daran glauben. Zahlreiche Prominente wie Jim Carrey oder Bella Hadid schwören darauf. Was steckt hinter dem spirituellen Trend? Alles nur Humbug? Oder ist Manifestieren vielleicht das «moderne Gebet»?

Themen in dieser Folge:

  • 00:00 Wie wurde Manifestieren zum Massenphänomen auf TikTok & YouTube?
  • 10:25 Was ist Manifestieren?
  • 16:30 Ist Manifestieren ein altes Phänomen?
  • 19:10 Was manifestiert die Schauspielerin und Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger?
  • 27:11 Manifestation gleich Verhaltenstherapie?
  • 35:17 Ist positives Denken in tragischen Situationen hilfreich?
  • 39:11 Früher hat man gebetet, heute manifestiert man?
  • 43:57 Warum manifestieren insbesondere junge Frauen?
  • 49:14 Rhonda Byrne: Falsche Versprechungen von Heilungserfahrungen?

Zusammenfassung des Artikels „Megatrend Manifestieren: Welche Macht haben unsere Gedanken?“ aus Sternstunde Philosophie | SRF Kultur, 7.4.2024).


1. Kernidee des „Manifestierens“

  • „Manifestieren“ beschreibt den Glauben, dass man durch positive Gedanken, Affirmationen und intensive Vorstellungskraft die eigene Realität beeinflussen oder gestalten kann.
  • Dahinter steht das sogenannte „Gesetz der Anziehung“, wonach Gleiches Gleiches anzieht: Positive Gedanken ziehen positive Ereignisse an, negative Gedanken entsprechend negative.

2. Ursprung und Popularität des Trends

  • Die Idee ist nicht neu, sondern wurzelt in der amerikanischen Neugeist-Bewegung des 19. Jahrhunderts, wurde durch Bücher wie Rhonda Byrnes „The Secret“ (2006) erneut populär.
  • Besonders während der Pandemie (Corona-Krise) stieg das Interesse stark an; viele Menschen suchten nach Kontrolle und Orientierung in unsicheren Zeiten.
  • Prominente (z.B. Oprah Winfrey, Denzel Washington) propagieren diese Methode, wodurch sie populärer und mainstreamfähiger wurde.

3. Psychologische Hintergründe

  • Selbsterfüllende Prophezeiungen: Wenn man positive Erwartungen hat, verhält man sich auch entsprechend, wodurch die Wahrscheinlichkeit des erwünschten Ergebnisses steigt.
  • Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Menschen nehmen Informationen bevorzugt wahr, die ihre Überzeugungen bestätigen, was das Gefühl bestärkt, manifestiert zu haben.
  • Manifestation nutzt psychologische Prinzipien (z.B. Placebo-Effekt, Priming-Effekte), ist jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen als übernatürliche Kraft.

4. Methoden und Anwendungen

  • Affirmationen („Ich bin reich“, „Alles was ich anfasse, wird zu Gold“)
  • „Quantum Jumping“: Imaginäre Zeitreise in eine zukünftige Wunschrealität.
  • Das „Gesetz der Annahme“: Sich verhalten, als hätte man das gewünschte Ergebnis bereits erreicht („Fake it till you make it“).
  • Praktische Rituale wie „ins Feuer schreiben“ von Wünschen, Visualisierungen und tägliche Wiederholungen.

5. Prominente Beispiele und Kritik

  • Prominente wie Jim Carrey oder Rapper Drake praktizieren Manifestationstechniken, etwa indem sie symbolische Handlungen ausführen, bevor sie erfolgreich sind.
  • Kritisiert wird oft der materialistische Aspekt des Manifestierens (z.B. Geld, Luxusgüter, Immobilie).
  • Manifestation wird als Versuch gesehen, auf einfachem Wege materiellen Erfolg zu erreichen.

6. Risiken und ethische Problematik

  • Gefahr, dass Menschen sich selbst schuld an negativen Ereignissen geben (z.B. Krankheit, Schicksalsschläge).
  • Kann zu gefährlichen Schuldzuweisungen und einer negativen Selbstwahrnehmung führen, wenn Wünsche nicht eintreten.

7. Tieferer philosophischer und sozialer Kontext

  • Der Trend spiegelt aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider: Fokus auf Selbstoptimierung, Individualisierung, und Eigenverantwortung.
  • Manifestieren ersetzt teilweise soziale Verantwortung durch psychologische Eigenverantwortung („Mindset statt Gesellschaft“).
  • Es zeigt eine Sehnsucht nach Selbstwirksamkeit und Kontrolle angesichts globaler Krisen und Unsicherheiten.

8. Kritische Einschätzungen der Experten

  • Psychologin Pia Klusti sieht darin überwiegend psychologische Mechanismen („verhaltenstherapeutische Grundlagen“), keine übernatürlichen Kräfte.
  • Philosoph und Theologe Matthias Schmid kritisiert insbesondere den materialistischen Charakter sowie die potenzielle Unbarmherzigkeit, wenn Menschen für ihr Schicksal selbst verantwortlich gemacht werden.

9. Gemäßigte Perspektive (Melanie Winiger)

  • Schauspielerin Melanie Winiger nutzt Manifestation als Selbstfindungsprozess, betont aber Verantwortung und Realismus („kein Wunschkonzert“).
  • Sie grenzt klar ab, dass manifestieren bei Schicksalsschlägen wie Krankheiten nicht einfach pauschal anwendbar sei.

10. Fazit und Bewertung

  • Manifestation ist ein modernes kulturelles Phänomen mit tiefen historischen Wurzeln.
  • Es nutzt wissenschaftlich erklärbare psychologische Effekte, verpackt diese aber oft in esoterische Konzepte.
  • Kann positiv wirken (Selbsterkenntnis, Selbstvertrauen stärken), aber auch gefährlich sein (Schuldgefühle, Realitätsverleugnung).

Kurz gesagt:
Manifestieren verbindet psychologische Mechanismen (Placebo, Selbsterfüllende Prophezeiungen) mit einer spirituell-esoterischen Weltanschauung, wurde zum Megatrend, birgt jedoch ethische Risiken und gesellschaftskritische Fragestellungen.

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Warum Manifestieren heute ein weltweiter Megatrend ist

Der Aufstieg des Manifestierens zum globalen Phänomen ist kein Zufall, sondern das Ergebnis mehrerer zusammenwirkender Faktoren:

Gesellschaftliche Veränderungen

  1. Krisenerfahrungen und Kontrollverlust: Die Häufung globaler Krisen (Kriege, Pandemie, Klimawandel, wirtschaftliche Unsicherheit) hat ein kollektives Gefühl der Machtlosigkeit erzeugt. Manifestationstechniken bieten eine Möglichkeit, persönliche Kontrolle zurückzugewinnen.
  2. Säkularisierung der Spiritualität: Die Abkehr von traditionellen Religionen bei gleichzeitigem Spiritualitätsbedürfnis hat Raum für individualisierte spirituelle Praktiken geschaffen.
  3. Demokratisierung des Wissens: Ehemals geheimgehaltene (esoterische) oder elitäre Praktiken sind durch moderne Medien für jeden zugänglich geworden.

Technologische Katalysatoren

  1. Soziale Medien und Viralisierung: Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube haben Manifestationstechniken einem Millionenpublikum zugänglich gemacht. Hashtags wie #Manifestation oder #LawOfAttraction generieren Milliarden von Views.
  2. Globale Vernetzung: Die digitale Vernetzung ermöglicht den sofortigen Austausch von Erfahrungen und Erfolgsgeschichten über Ländergrenzen hinweg.
  3. Manifestations-Apps und -Tools: Die Technologisierung des Manifestierens durch zahlreiche digitale Anwendungen hat die Praxis in den Alltag integriert.

Wissenschaftliche Entwicklungen

  1. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse: Moderne Hirnforschung zur Neuroplastizität und den Auswirkungen von Meditation, Visualisierung und Achtsamkeit liefert wissenschaftliche Unterstützung für bestimmte Aspekte des Manifestierens.
  2. Quantenphysik im Mainstream: Die Popularisierung quantenphysikalischer Konzepte hat Raum für Interpretationen geschaffen, die Bewusstsein und Realität verbinden.
  3. Psychologie der Selbstwirksamkeit: Forschungen zur Selbstwirksamkeit und positiven Psychologie bieten empirische Grundlagen für Teile des Manifestationsprozesses.

Wirtschaftliche und kulturelle Faktoren

  1. Boomende Selbstoptimierungsindustrie: Die 10+ Milliarden Dollar schwere Selbsthilfeindustrie hat Manifestieren als lukratives Geschäftsmodell erkannt und fördert die Verbreitung massiv.
  2. Erfahrungsökonomie: Der Trend zu immateriellen Werten und Erfahrungen statt materiellen Besitztümern korrespondiert mit der inneren Arbeit des Manifestierens.
  3. Celebrity-Endorsement: Hochprofilierte Befürworter wie Oprah Winfrey, Jim Carrey und Deepak Chopra haben Manifestationstechniken in den kulturellen Mainstream gebracht.

Psychologische Bedürfnisse

  1. Sinnsuche in der Postmoderne: In einer zunehmend fragmentierten, beschleunigten Welt bietet Manifestieren eine sinnstiftende Praxis und persönliche Handlungsmacht.
  2. Stressbewältigung: Der hohe gesellschaftliche Stresslevel macht Techniken attraktiv, die gleichzeitig Entspannung und Selbstbestimmung versprechen.
  3. Individualisierung der Identität: Die Möglichkeit, das eigene Leben und Selbst aktiv zu gestalten, entspricht dem modernen Bedürfnis nach Individualität und Selbstentfaltung.

Historische Entwicklung

Der aktuelle Trend ist keine isolierte Erscheinung, sondern Teil eines historischen Kontinuums:

  1. Evolution der Selbsthilfebewegung: Von den frühen Werken Napoleon Hills und Norman Vincent Peales über die New-Age-Bewegung der 70er und 80er Jahre bis zum „The Secret“-Phänomen 2006.
  2. Integration östlicher Weisheitstraditionen: Die jahrzehntelange Inkorporation buddhistischer, hinduistischer und taoistischer Konzepte in die westliche Kultur.
  3. Hochkonjunktur in Krisenzeiten: Historisch betrachtet blühen spirituelle und manifestationsorientierte Praktiken besonders in gesellschaftlichen Umbruchphasen.

Der Megatrend aus kritischer Perspektive

Nicht zu übersehen sind auch kritische Faktoren:

  1. Kommerzialisierung der Spiritualität: Die Vermarktung spiritueller Praktiken als Konsumgüter und die damit verbundene Oberflächlichkeit.
  2. Toxische Positivität: Die potenzielle Vernachlässigung struktureller Probleme zugunsten individueller „Mindset“-Arbeit.
  3. Wissenschaftliche Graubereiche: Die teils problematische Vermischung wissenschaftlicher Terminologie mit ungeprüften Behauptungen.

Der weltweite Megatrend des Manifestierens reflektiert letztlich ein tiefes menschliches Bedürfnis: In einer komplexen, oft chaotischen Welt Sinn, Handlungsfähigkeit und Kontrolle zu finden – verbunden mit dem uralten Wunsch, die eigene Realität bewusst zu gestalten.

 

Ursachen für den heutigen Mega-Trend Manifestieren

Dass Manifestieren heute weltweit zum Megatrend geworden ist, hat folgende Gründe und Hintergründe:


🌍 1. Krisen und Unsicherheiten der Gegenwart

  • Globale Krisen (Corona-Pandemie, Klimawandel, Wirtschaftskrisen, geopolitische Spannungen) erzeugen starke Unsicherheit.
  • Manifestieren verspricht den Menschen ein Gefühl von Kontrolle und Einflussnahme auf das eigene Leben in Zeiten der Ohnmacht und Unsicherheit.

📲 2. Soziale Medien als Verstärker

  • Plattformen wie Instagram, TikTok, YouTube haben Manifestieren massiv verbreitet.
  • Influencer und Prominente teilen ihre Manifestationserfolge, was den Trend zusätzlich populär und glaubwürdig erscheinen lässt.

💸 3. Verbindung mit materiellem Wohlstand

  • Manifestieren greift den Wunsch nach Wohlstand, Status und materieller Sicherheit auf („Manifestiere deine erste Million, Luxusauto, Traumhaus“).
  • Besonders attraktiv in einer zunehmend materialistischen Gesellschaft, die Erfolg sichtbar misst.

🧘‍♀️ 4. Anknüpfung an Spiritualität & Esoterik

  • Steigendes Interesse an Spiritualität, Meditation, Yoga und Achtsamkeit schafft ein passendes Umfeld für Manifestationstechniken.
  • Verbindung moderner Spiritualität mit individuellem Erfolg macht Manifestation besonders attraktiv und leicht zugänglich.

🚀 5. Individualismus und Selbstoptimierung

  • Der Zeitgeist fordert Selbstoptimierung, Selbstwirksamkeit und permanente persönliche Weiterentwicklung.
  • Manifestieren bietet hierfür scheinbar schnelle, einfache Techniken und Werkzeuge („Law of Attraction“, „Fake it till you make it“).

🌠 6. Psychologische Effekte („Placebo“-Prinzip)

  • Manifestieren basiert teilweise auf psychologisch nachweisbaren Effekten wie:
    • Selbsterfüllende Prophezeiungen: Positive Gedanken und Erwartungen verbessern tatsächlich oft Ergebnisse.
    • Confirmation Bias (Bestätigungsfehler): Man sieht verstärkt Ergebnisse, die mit eigenen Erwartungen übereinstimmen.

🎬 7. Popkulturelle Vorbilder

  • Berühmte Persönlichkeiten (z.B. Oprah Winfrey, Lady Gaga, Jim Carrey, Drake) nutzen und propagieren das Manifestieren öffentlich.
  • Ihre sichtbaren Erfolge bestärken den Glauben an die Wirksamkeit der Methoden und erhöhen den sozialen Status der Techniken.

🧠 8. Sehnsucht nach Selbstermächtigung („Empowerment“)

  • Manifestieren verspricht, dass jeder Mensch allein durch Gedankenkraft etwas verändern kann.
  • Es spricht besonders jene an, die sich gesellschaftlich, finanziell oder emotional machtlos fühlen.

🌌 9. Einfachheit und Attraktivität der Methode

  • Manifestieren erscheint einfach, intuitiv und unmittelbar zugänglich: Man braucht scheinbar keine besonderen Voraussetzungen, um es zu praktizieren.
  • Es bedient die Hoffnung auf schnelle Lösungen („Wunscherfüllung per Bestellung beim Universum“).

🧬 10. Kulturelle und historische Verankerung

  • Die Methode hat Wurzeln in der amerikanischen „New Thought“-Bewegung des 19. Jahrhunderts, wurde später durch Bestseller wie „The Secret“ weltweit populär.
  • Kontinuität und immer neue Verbreitungsformen über Jahrzehnte hinweg haben ihre heutige Verbreitung gefördert.

⚖️ Fazit: Warum Manifestieren gerade jetzt boomt

Das Manifestieren boomt weltweit, weil es auf eine attraktive Mischung aus

  • psychologischen Mechanismen,
  • spirituellem Bedürfnis,
  • materiellen Wünschen und
  • dem starken gesellschaftlichen Drang nach Selbstoptimierung und Kontrolle setzt.

Es gibt Menschen in Zeiten der Unsicherheit eine greifbare Hoffnung und ein Mittel zur scheinbaren Selbstermächtigung.

Es bleibt dennoch wichtig, kritisch zu hinterfragen, wo die Grenzen und Risiken dieser Methode liegen, um eine gesunde Balance zwischen Optimismus und Realitätssinn zu bewahren.